Der Barrelkrieg – wie die fossile Industrie den Frieden verhinderte

TRUMP, erhebe dich in deiner Kraft, so wollen wir singen und loben deine Macht
Trump holt 20 Geiseln zurück und befriedet Gaza.
Die Welt singt sein Loblied. Zurecht, oder?
Oder?
Wie viele hat noch mal Biden zurückgeholt? 105 – durch Verhandlungen, Waffenstillstand, Gefangenenaustausch.
Doch die letzten 20 kamen erst, als Trump Netanyahu den Blankoscheck gab – und als sich gleichzeitig jene, die das Öl in der Hand halten, hinter ihm versammelten.
Die Golfstaaten hatten längst genug von der Hamas.
Nicht aus moralischen Gründen, sondern aus geschäftlichen.
Die Saudis, Kataris und Emiratis brauchen Stabilität, um investieren, exportieren, expandieren zu können.
Die Hamas stand diesem Kalkül im Weg – zu unberechenbar, zu laut, zu riskant für die Märkte.
Also ließ man sie fallen.
Trump bot den perfekten Rahmen: keine Werte, keine Bedingungen, kein Menschenrechtsgefasel – nur Deals.
Ein Präsident, der Konflikte wie Handelskriege führt und Frieden als Rendite begreift.
Die Golfstaaten gaben ihm, was er wollte: politische Rückendeckung und Ölvolumen.
Er gab ihnen, was sie brauchten: einen Verbündeten, der Moral in Schweigen verwandelt.
So kam der „Gaza-Frieden" zustande – nicht durch Diplomatie, sondern durch marktkonforme Geopolitik.
Eine Allianz aus Ölstaaten, Autokraten und Opportunisten, vereint im Wunsch nach Berechenbarkeit.
Die Hamas kapitulierte nicht, weil sie überzeugt wurde, sondern weil sie geopolitisch wertlos geworden war.
Und nun wird Trump gefeiert – als „Macher", als Friedensstifter.
Doch die Methode war keine neue: Druck, Drohung, Deals. Die Donald'sche Triple-D-Erfolgsformel.
Kurze Zäsur: Es kann nicht genug betont werden, wie wichtig es war, dass jetzt die letzten 20 noch lebenden Geiseln zurückkamen. Nächste Woche hätten auch sie tot sein können.
Und doch. Sie kamen erst, als Trump Netanyahu den Rücken stärkte: totale Eskalationsdominanz, sollte die Hamas nicht spuren.
Die Hamas rückte also zähneknirschend die letzten Überlebenden heraus – nicht wegen Diplomatie, sondern wegen der Aussicht auf Vernichtung.
Auch wenn die Hamas gleich wieder aus ihren Löchern gekrochen kam, inzwischen öffentliche Hinrichtungen vermeintlicher Israel-Kollaborateure durchführt, Trump wird weltweit gefeiert, ach was, er wird gepriesen. Loblieder werden gesungen, gegen die die Psalmen im Alten Testament wie Gestotter anmuten.
Und nun die alles entscheidende Frage: Schafft Trump das „Kunststück" auch mit Putin?
Mit Tomahawks, die gerade in aller Munde sind, mit denen auch die fernöstlichsten Ölanlagen zum Frieden geschossen werden können – und zwar wieder mithilfe der fossilen Front im Nahen Osten!
Das fossile Paradox
Vier Jahre kämpft die Ukraine inzwischen um ihr Überleben – und der Westen schaut zu, zählt Waffenlieferungen, beschließt Sanktionen, beruhigt die Märkte.
Dabei ist der Krieg längst Teil der Weltwirtschaft geworden, eine Routinekatastrophe mit stabiler Ölversorgung.
Und im Hintergrund läuft das alte Geschäft weiter – unsichtbar, unantastbar, profitabel.
Man kann es drehen, wie man will: Der fossile Status quo ist der eigentliche Gewinner dieses Krieges.
Jeder Barrel, der aus russischen, saudischen oder texanischen Böden geholt wird, hält das System am Laufen, das ihn möglich macht.
Öl kennt keine Moral, nur Preise.
Biden wollte noch verhindern, dass die Ukraine russische Raffinerien angreift – aus Angst, der Benzinpreis in den USA könnte steigen.
Es war das klassische Dilemma westlicher Politik: die Freiheit der anderen, aber bitte ohne Mehrkosten an der Zapfsäule.
Währenddessen starben Ukrainer an der Front, weil man in Washington glaubte, man könne gleichzeitig Putin bekämpfen und die Inflation bändigen.
Trump hat diese Skrupel nach seiner anfänglich offen ausgelebten Putin-Liebe offenbar nicht mehr.
Jetzt will er schießen lassen – und liefert womöglich die Waffen bald gleich mit dazu.
Der Unterschied ist so simpel wie verstörend: Biden dachte an Stabilität. Trump denkt an Profit. Was hat sich inzwischen geändert, dass russische Ölfelder nun keine große Rolle mehr spielen?
Frieden durch Förderung
Seit Monaten explodiert die Ölproduktion außerhalb der OPEC – in den USA, Brasilien, Kanada.
Die Märkte bleiben ruhig, obwohl russische Anlagen brennen.
Das ist kein Zufall, sondern Politik:
Ein globaler Energieüberschuss ersetzt das, was russische Bomben zerstören.
Seit Trump lautet die Devise wieder „Drill, Baby, drill" – und je mehr Öl fließt, desto weniger Blut – so scheint vorerst das Kalkül.
Dieser „Frieden durch Förderung" ist das neue Paradox unserer Zeit.
Die fossile Industrie hält den Krieg in Schach, indem sie die Erde weiter ausbeutet.
Russlands Einnahmen sinken, der Westen atmet auf, die Ukraine darf schießen – und der Planet zahlt die Rechnung.
Wir haben also kein moralisches Gleichgewicht geschaffen, sondern ein fossiles:
Ein Fass mehr Öl, ein Tag weniger Krieg.
Doch der Preis ist langfristig höher, als jeder Barrel wert sein kann.
Die zynische Arithmetik des Erfolgs
Biden brachte 105 Geiseln nach Hause. Trump 20.
Doch Biden gilt als Versager, Trump als Sieger.
Warum?
Weil Biden versuchte, den richtigen Krieg auf die richtige Weise zu führen – und dabei beide verlor. Dass er sich von Putins Atomdrohungen hat kirre machen lassen, war allerdings ein großer Fehler. Aber das steht auf einem anderen Blatt.
Trump interessiert sich nicht für den richtigen Weg, nur fürs Ergebnis.
Und genau diese Gleichgültigkeit gegenüber Prinzipien macht ihn – zynischerweise – oft erfolgreicher als jene, die sie verteidigen.
Die Gaza-Formel war simpel: Eskalation als Druckmittel, Zerstörung als Verhandlungsbasis.
Keine Rücksicht auf Kollateralschäden, keine Bedenken wegen internationaler Normen.
Netanyahu bekam freie Hand – und die Hamas kapitulierte.
Zynisch? Ja. Wirksam? Offenbar.
Dasselbe Muster zeichnet sich nun im Osten ab.
Biden wollte Russland wirtschaftlich austrocknen, unternahm dies aber recht halbherzig, um sich selbst nicht zu schaden.
Trump lässt nun Feuer sprechen – und das System applaudiert und belohnt ihn und seinesgleichen dafür.
Denn höhere Ölpreise schaden nicht allen: In Texas, Alberta und Guyana klingeln die Kassen.
Frieden und Rendite, vereint im Namen des Bohrturms.
Friedensbringer oder Brandstifter?
Ist Trump also der Friedensbringer, als der er sich feiern lässt?
Die Antwort ist unbequem: Er beendet Konflikte nicht, weil er Frieden will, sondern weil er sie wahrscheinlich sogar langweilig findet, vielleicht auch lästig – oder weil sie sich nicht mehr rechnen.
Er handelt nicht aus Prinzip, sondern aus Kalkül – und denkt im Hinterkopf dabei nicht zuletzt stets an die Nobelpreisausbeute.
Und genau das macht ihn manchmal effektiver als jene, die noch an Werte glauben.
Biden wollte die Welt behutsam stabilisieren und verlor die Kontrolle über sie.
Trump destabilisiert sie – und die Welt nennt es Frieden, ungeachtet dessen, dass er längst einen Krieg gegen sein eigenes Volk und eine der ältesten Demokratien der Welt führt.
Das ist die neue Logik der Macht: Ruhe durch Deals statt Frieden durch Prinzipien.
Die Ukraine zahlte jahrelang den Preis für diese Energiepolitik. Mit Leben, nicht mit Barrel.
Die Welt läuft nun mal auf Öl, daran wollen die mächtigen ölerzeugenden Staaten nichts ändern. Und die Wähler wollen billige Preise.
Was andere Ölförderer Biden verweigerten, geben sie Trump jetzt: Stabile Preise und drillen, bis der Arzt kommt.
Die fossile Selbstzerstörung
Doch vielleicht liegt in dieser Logik auch Putins größte Fehlkalkulation.
Warum hat er überhaupt angegriffen? Nicht nur wegen der NATO, nicht nur wegen historischer Großmachtphantasien – sondern aus fossiler Existenzangst.
Russland ist eine Tankstelle mit Atomwaffen. Öl und Gas sind 60% der Exporterlöse. Als der Westen nach Paris ernsthaft auf Dekarbonisierung setzte – Green Deal, Energiewende, Ausstieg aus fossilen Brennstoffen – sah Putin sein gesamtes Geschäftsmodell kollabieren. Was sollte er in 20 Jahren verkaufen? Getreide, Uran, Waffen? Das reicht nicht für einen Petrostaat.
Der Krieg war auch sein verzweifelter Versuch, die fossile Weltordnung zu retten: Europa wieder abhängig zu machen, die Energiewende zu sabotieren, den Westen zu destabilisieren.
Die Ironie: Genau dieser Krieg hat das Gegenteil bewirkt.
Europa hat sich aus der russischen Abhängigkeit befreit, die Energiewende beschleunigt, neue Lieferketten aufgebaut und läuft gerade mit wehenden Fahnen wieder zum Öl. Nur kommt es nicht mehr aus Russland.
Russland wird zum fossilimperialen Dinosaurier, der gerade merkt, dass die Welt ihn nicht mehr braucht.
Putin wollte die fossile Ordnung retten – und hat ihren Untergang beschleunigt.
Trump verkauft jetzt Frieden durch fossile Deals – doch das System, das er bedient, stirbt langsam an seiner eigenen Logik.
Und wer weiß, vielleicht heißt der nächste Krieg dann wirklich Klima. Trump und Konsorten rasen gerade mit Mach-Geschwindigkeit auf diese Schallmauer zu.
Dies alles als eine bewusst zugespitzte Analyse.
Und ja, sicher, die Realität ist komplexer – aber ohne Schärfe keine Wahrheit.