Drei Tage


Eine winzige Meldung und ihre Geschichte dahinter

Der Soldat lag im zerschossenen Gras, den Kopf schwer, das Blut getrocknet zu einer dunklen Kruste. Wir wissen nicht, was er hörte, ob er was hörte, ob er wartete oder in Agonie lag. Um ihn herum russische Geschosse, zu nah, zu oft, um ihn retten zu können. Drei Tage lang lag der verwundete Soldat auf ukrainischen Boden zwischen Hölle und Tod. Drei Tage lang wartete er vielleicht darauf, dass irgendetwas vorbei ist: der Schmerz, der Krieg, er selbst.

Seine Kameraden wussten, wo er lag. Und sie konnten nicht zu ihm. Wer immer losgelaufen wäre, wäre nicht zurückgekehrt. Es war dieser Teil der Front, an dem die Männer sich selbst überlassen sind, gottverlassen die Freiheit zu schützen, für das Vaterland, für uns, allein gegen diejenigen, die diesen Krieg begonnen haben und von allen Seiten Unterstützung erhalten in diesem ungleichen Krieg, in dem sie von Schwätzern im warmen Europa tröpfchenweise unterstützt werden, während die anderen ganze Zugladungen aus Nordkorea, China, Irak mit Waffen, Raketen und sogar Truppen liefern.

Am dritten Tag, als der Lärm des Krieges einen Moment lang eine Lücke ließ, geschah das Unwahrscheinliche: Etwas schob sich über den Boden. Kein Mensch, der Mut braucht und lebensmüde sein muss. Eine Drohne – niedrig, stark, ungetroffen. Bereit, den Verletzten per Fernsteuerung zu retten.

Die Drohne fuhr langsam mit ihrer wertvollen Last durch das zerstörte Land der Ukrainer. Über ihr kreisten Kamikaze-Drohnen wie Raubvögel, bereit, jedes größere Ziel zu verschlingen. Doch dieses kleine Ding schlich sich durch wie ein Gedanke, den keiner bemerkte.

Erst als sie ans zerstörte Waldstück kamen, tauchten die Silhouetten der Kameraden auf. Männer, die drei Nächte nicht geschlafen hatten, weil sie wussten, dass ihr Freund nur ein paar hundert Meter entfernt lag – aber in einer anderen Welt zwischen Leben, Hölle und Tod.

Sie hievten ihn von der Drohne auf die Ladefläche eines Pickups. Ein letzter Blick zurück auf das kleine, surrende Ding, das einfach stehen blieb. Es hatte seine Aufgabe erfüllt, für die es geschaffen worden war.

Zwischen den Zeilen dieser kleinen Meldung schreit uns die Realität mitten ins Gesicht, nur wollen wir sie nicht hören:
Eine Gruppe Soldaten hält drei Tage lang eine Rettung in der Schwebe,
für einen einzigen Verletzten,
unter Bedingungen,
unter denen die Armee auf der anderen Seite nicht einmal ihren verdammten Generälen eine Wasserflasche bringen würde.

Man kann sich nicht vorstellen, wie sie in diesen drei Tagen die Hölle aus den Angeln hoben:
wie oft sie loslaufen wollten,
nur um wieder in Deckung gerissen zu werden,
wie viele Pläne sie entwarfen,
verwarfen,
neu dachten,
weil irgendwo da draußen einer von ihnen lag —
vielleicht lebend, vielleicht nicht —
und niemand wusste, wie viele Minuten er noch hatte.

Unter russischem Dauerfeuer,
in einem Frontstreifen, den jeder Drohnenschatten zu einer Todeszone macht,
warteten Männer darauf, dass am Ende dieses verdammte Gerät von irgendwoher angekarrt wurde und auch durchkommt.
Ein unbemanntes Fahrzeug —
weil jeder Mensch, der ihre Aufgabe erfüllt hätte, tot umgefallen wäre, bevor er auch nur die Hälfte der Strecke geschafft hätte.

Und während dort Männer schreien, fluchen, beten, improvisieren,
während sie riskieren, dass ihre Familien erfahren,
dass diese Drohne vielleicht nicht nur den einen Verletzten,
sondern auch sie als Väter, Brüder, Söhne hätte abholen müssen — diskutieren wir.

Abwägend.
Geordnet.
Komfortabel bei einer heißen Tasse Kaffee.

Wir streiten darum, ob Hilfe zu viel sein könnte, statt zu wenig.
Wir bestreiten Verantwortung.
Wir lamentieren uns allein über das Wort “Eskalation” in eine Angststörung.
Und nennen es "Kriegsmüdigkeit",
als wäre Müdigkeit ein Argument,
und nicht ein Luxus.

Drei Tage, sagt die Meldung.
Und irgendwo dazwischen:
eine Gruppe Männer, die sich weigerte, einen Kameraden sterben zu lassen,
egal, was es sie kostete.

Und irgendwo hier:
eine Gesellschaft, die sich weigert,
den Preis überhaupt zu benennen.

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