Germany goes MAGA – Wie schamlos sich Berlin Trump zu Füßen wirft

Merz fliegt zu Trump – Kiesewetter aus dem Kontrollgremium. Haltung stört nur, wenn man gefallen will. Aus dem Kanzler der Mitte wird ein transatlantischer Musterschüler. Germany goes MAGA – und wer im Weg steht, wird aussortiert.

Germany goes MAGA – Wie schamlos sich Berlin Trump zu Füßen wirft

Über Rauswürfe, Rückgrat und den Rückfall ins transatlantische Kriechen

Am 5. Juni 2025 wird Friedrich Merz als deutscher Bundeskanzler zum ersten Mal ins Weiße Haus reisen – eingeladen vom Mann, der Europa nicht als Partner, sondern als Systemrivalen und Auslaufmodell betrachtet.

Und wie bereitet man sich als deutscher Regierungschef auf einen Besuch bei Donald Trump vor, um ja nicht abgewatscht zu werden?
Indem man alles abschüttelt, was noch an widerspenstige europäische Eigenständigkeit, sicherheitspolitisches Gewissen und strategischen Mut erinnern könnte.

Roderich Kiesewetter, der wohl profilierteste Sicherheitspolitiker der Union, wurde aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium entfernt.
Nicht wegen Versagens. Nicht wegen Fehlverhaltens. Sondern weil er zu konsequent war. Zu deutlich. Zu unbequem.
Und weil er noch vor der Wahl aussprach, was längst Realität ist:
„Der Krieg lässt sich nur mit Schulden gewinnen.“

Natürlich kann man streiten, ob Kiesewetters Klarheit taktisch klug war. Dies sagte er aber zu einer Zeit, als die Union noch die Schuldenbremse wie eine Monstranz vor sich hertrug, um der Ampel Verschwendungssucht und fehlende Expertise im Umgang mit Steuergeldern vorzuwerfen. Kiesewetter wusste, dass die Ukraine ohne unsere tatkräftige Unterstützung untergehen würde und mit einer Rumpfbundeswehr das, was aus Russland kommt, nicht abwehren könnte.

Noch vor der Wahl: Die Schuldenbremse als heilige Pflicht. Wenige Wochen später: Notlagenbeschluss, Grundgesetzänderung, Milliarden für Rüstung – weil plötzlich auch Merz begriff, was Kiesewetter längst wusste.
Der Bote musste jetzt aber trotzdem noch bestraft werden.


Der JD-Vance-Moment – und was Merz jetzt daraus macht

Als JD Vance im Februar 2025 auf der Münchner Sicherheitskonferenz erklärte, Deutschland brauche „mehr AfD“, hielten das viele für einen außenpolitischen Frontalzusammenstoß. Doch der republikanische Vizepräsident meinte es bitterernst.

Er meinte: Mehr nationalistische Abschottung. Mehr Verständnis für Russland. Mehr Illoyalität gegenüber Kiew und Brüssel.
Kurz: Deutschland bräuchte eine Regierung, die sich nicht zu schade ist, sich mit der amerikanischen Rechten kompatibel zu machen.

Was Vance forderte, hat Merz inzwischen umgesetzt: eine Koalition aus autoritärem Sicherheitswahn, russlandkompatibler Außenpolitik und ökonomischer Selbsttäuschung.

Und jetzt liefert Friedrich Merz.
Nicht nur, indem er gleich am zweiten Amtstag mit Spannmann Dobrindt den europäischen Nachbarn die Tür vor der Nase zuschlug, aber vor allem den bei der „CDxAfD“ ungeliebten und stets verdächtigen Asylanten. Ganz nach dem Mexiko-Grenz-Regime von Trump.

Der verfügt allerdings über das Recht der Executive Orders des Präsidenten, Merz oder sein Innenminister sind da hingegen nicht nur dem Deutschen Bundestag bzw. der Europäischen Union gegenüber rechenschaftspflichtig. Egal, einfach erst mal machen, Grenzen zu, wir erstreiten uns dieses Recht à la Trump.

Und als gestern die Abfuhr per Verwaltungsgerichtsentscheid eintrudelte, hieß es wieder:
Einzelmeinung, politisch eingefärbt, nehmen wir nicht ernst.

Nun wurde gestern noch schnell vor Merzens Reise Kiesewetter eiskalt geschasst.
Auch eine Einzelmeinung. Politisch eingefärbt. Nicht mit uns.

Das ist für die Unterstützer der Ukraine kaum zu verkraften, war es doch Kiesewetter, der sich wie kein anderer für das überfallene Land starkmachte.

Und da es richtig wehtun soll:
Obendrein wird Jens Plötner, einer der Architekten russlandfreundlichen Scholz-Jahre, zurück ins Zentrum der sicherheitspolitischen Steuerung geholt und soll Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium werden.

Ein Mann, der noch nie für Klartext stand – aber sehr wohl für ein Denken, dass Russlands Interessen stets mitbedacht werden müssen.
So hatte Plötner die Frage nach einem beschleunigten EU-Beitritt der Ukraine mit den Worten abgeschmettert:

„Nur weil man angegriffen wird, wird man nicht automatisch ein besserer Rechtsstaat.“

Ein Mann, der seine Finger in den Verhandlungen zum Waffenstillstandsabkommen Minsk II und der Entwicklung des Normandie-Formats gehabt hat, den russischen Angriffskrieg zwar verurteilte, aber nicht fähig war, die Fehler der völlig fehlgeschlagenen deutschen Russland-Politik, die letztlich in Putins Angriffskrieg mündete, einzuräumen.


Wenn es nur Plötner wäre

Wer glaubt, es handele sich um einen Einzelfall, sollte sich die Personaldecke genauer anschauen:

Spahn liefert die Rhetorik, die in Washington gewollt und verstanden wird – sauber, smart, netzwerktauglich. Der Mann für Fox News statt Anne Will.

Dobrindt liefert die Ressentiments – AfD-affin, laut, rückwärtsgewandt. Der Mann fürs Dazwischenbrüllen, wenn es ums „christliche Abendland“ geht.

Wadephul, der neue deutsche Außenminister, mit der knallharten Haltung, dass man gegen eine Atommacht wie Russland doch ziemlich ausgeliefert sei. Aber immerhin erhöhen wir unsere NATO-Ausgaben auf fünf Prozent – damit Trump zufrieden ist.

Stegner, SPD, darf derweil weiter im Kontrollgremium der Geheimdienste bleiben, trotz konspirativer Baku-Reisen und nicht einmal im Ansatz verheimlichter Russlandnähe.

Laschet, durch albernes Lachen verhinderte Fast-Kanzler der CDU und vehementer Vertreter der „Taurus allein wird den Krieg nicht entscheiden und lasst uns nicht immer über Waffen reden“-Fraktion ist dafür der neue Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.
Na bravo!

Kiesewetter muss aber draußen bleiben.


Jetzt kann Kanzler Merz erhobenen Hauptes auf Knien ins Oval Office rutschen

Wenn Merz diese Woche in Washington vor Trump tritt, dann nicht als europäischer Staatsmann.
Sondern als 1A-Musterschüler, der zeigen will:
Schau, lieber Donald, ich habe aufgeräumt. Ich bin bereit. Mir gibst du sicher gerne die Hand und verweigerst sie mir nicht wie einst bei Merkel. Auch bin ich nicht wie Scholz – sondern so viel nützlicher. Habe ich dir schon von meiner Zeit bei Blackrock erzählt? Dann rutsch mal rüber!

Die Ukraine? Puh! Kein Wort zu ihrer legendären Operation Spinnennetz, zu den hunderten Drohnen der vergangenen Wochen – lieber nicht, es könnte den Donald verstimmen.

Dabei hatte Merz noch vor einem Jahr lauthals angekündigt, Taurus-Marschflugkörper zu liefern, wenn Russland binnen 24 Stunden seine Angriffe auf Zivilisten nicht stoppe.

Heute ist der Taurus sang- und klanglos verschwunden – unter dem Deckmantel der:

„Wir sagen Putin ab sofort nicht mehr, was wir liefern oder nicht.“

Statt den echten Taurus zu liefern, feiert sich Merz stolz für eine „technologische Zusammenarbeit“ mit den Ukrainern, in der „gemeinsame Systeme“ das Ziel sind – die sicher noch ein paar Jährchen ins Land ziehen müssen, bevor sie politisch wehtun.
Geschweige denn der deutsch-amerikanischen Freundschaft und deren berechtigen Geschäftsinteressen mit Russland im Wege stehen.

Symbolik statt Strategie.
Verrat statt Haltung.
US-Atomschirm statt Opfer-Unterstützung.

Vor gerade einmal vier Wochen wurde Merz Kanzler, weil viele Wähler hofften, er würde jetzt aber mal so richtig mit Putin aufräumen.
Vor nicht einmal zwei Wochen wollte er noch im Schulterschluss mit Trump und den europäischen Kollegen Russland mit Sanktionen endgültig die Hölle heiß machen.
Heute geht stattdessen Kiesewetter.


Die neue deutsche Sicherheitsarchitektur ist ein Geschenk an Trump und Putin

Der Rausschmiss Kiesewetters war kein Betriebsunfall.
Er war ein politisches Statement.

Gegen alles, was europäische Sicherheitsarchitektur einmal bedeutete:
Wehrhaftigkeit. Transparenz. Klartext. Wertebindung.

Friedrich Merz wollte ein Kanzler der Mitte sein. Einer, der Deutschland führt – in einem starken Europa und in der Welt.
Führen sollte aber nur, wer Haltung zeigt – nicht wer sich mit Trumps Kurs synchronisiert

Jetzt ist er der Pförtner im Vorzimmer der Rechten –
und öffnet Trump nicht nur die Tür, sondern auch das Fenster nach Osten.

Was also tun, wenn der Kanzler in Richtung MAGA driftet – und nicht nur die Opposition, sondern auch die Wähler schweigen?