Washington – ein Tribunal, bei dem der Westen sich nur selbst zerstört

Washington – ein Tribunal, bei dem der Westen sich nur selbst zerstört

Morgen versammelt sich die westliche Welt in Washington – offiziell zum Gipfel, in Wahrheit zu einem Tribunal. Doch nicht Putin sitzt auf der Anklagebank, sondern die Ukraine. Und Europa macht sich zum Komparsen in Trumps Show.

Washington also. Morgen. Alle reisen an, als wäre es ein normaler Gipfel, doch in Wahrheit steht etwas ganz anderes an: ein Tribunal. Nur, dass nicht Putin auf der Anklagebank sitzt – sondern die Ukraine – und mit ihr Europa.

Es ist ja nicht irgendein Treffen. Morgen sitzen mit am Tisch: Ursula von der Leyen, Macron, Merz, Stubb, Rutte, Meloni – also die Chefs und Chefverhandler Europas, flankiert vom NATO-Generalsekretär höchstpersönlich. Eigentlich ein Aufgebot, das Stärke signalisieren sollte. Doch in Wahrheit wirkt es wie ein Gefangenentransport ins Tribunal: alle werden vorgeführt, aber keiner sitzt am Richtertisch.

Denn egal, welches Szenario man durchspielt, am Ende bleibt immer dasselbe Muster: Trump steht nicht an unserer Seite. Er steht uns gegenüber. Und das ist der eigentliche Wahnsinn. Der Mann, der Präsident der Vereinigten Staaten, also des wichtigsten Partners des Westens, ist inzwischen der größte Risikofaktor für eben diesen Westen.

Man stelle sich die Möglichkeiten vor: Erniedrigt er Selenskyj – so wie im Februar – dann stehen die Europäer vor der Wahl: Schweigen und klein beigeben (und sich endgültig lächerlich machen) oder widersprechen und riskieren, dass die NATO platzt. Beides eine Katastrophe.
Oder wir erleben das Szenario des Verteidigungsexperten Nico Lange:

Trump könnte also ukrainisches Land auf dem Altar eines „Deals“ mit Putin mit dem windigen Versprechen von Sicherheitsgarantien opfern. Das bequeme Europa könnte geneigt sein, dem zuzustimmen – und machte sich damit nur zum Totengräber seiner eigenen Sicherheit.
Doch selbst wenn es knallt, wenn Europa Trump widerspricht: auch dann ist die NATO am Ende, weil Trump kein Gegenüber akzeptiert, das ihn schwach aussehen lässt.

Mit anderen Worten: Es gibt kein gutes Ende. Alles läuft auf eine Lose-lose-Situation hinaus. Die Frage, die bleibt, ist brutal einfach: Warum fahren wir überhaupt nach Washington? Um uns demütigen zu lassen? Um Zeit zu verlieren? Oder um vor aller Welt zu demonstrieren, dass wir nichts gelernt haben und den Mann, der längst auf der anderen Seite spielt, immer noch für unseren Verbündeten halten?

Das ist die eigentliche Absurdität. Europa reist an, um den Verbündeten vor sich selbst zu schützen – und zerlegt sich dabei gleich noch selbst.

Vielleicht wäre es tatsächlich das Vernünftigste, morgen gar nicht erst nach Washington zu fliegen. Sondern bei Trump kurz durchzuklingeln, sich herzlich zu bedanken – für all die Mühe, die Kosten, den ganzen Show-Aufwand – und ihm mitzuteilen: Ab hier machen wir alleine weiter.

Denn was soll dieses Schauspiel noch? Es ist ja auch Donald Trump selbst, der die angeblichen „Friedensgespräche“ überhaupt erst inszeniert hat, und das von Anfang an auf Putins Bedingungen. Er hat die Ukraine systematisch klein aussehen lassen, niemals einen einzigen Schritt unternommen, um Russland ernsthaft unter Druck zu setzen. Kein wirklich hartes Wort, keine schmerzhaften Sanktionen, kein einziger Beweis, dass er den Aggressor auch nur einen Moment stoppen will. Und die EU sowie Biden hatten ja gute Gründe, nicht mit Putin zu verhandeln.

Trump also weiter als Verhandler von Verhandlungen, die wir eigentlich nicht wollen? Nein. Denn Trump ist schlicht Putins Verbündeter – und damit das Gegenteil eines neutralen Vermittlers.

Hinzu kommen unsere berechtigten Gründe für unseren bisherigen Unwillen für Verhandlungen: Wollen wir uns ernsthaft auf den schlimmsten Betrüger von allen einlassen – auf Putin selbst? Auf den Mann, der jedes Abkommen der letzten Jahrzehnte gebrochen hat, der in einer Tour lügt, während er bombardiert, verschleppt, ermordet, vergewaltigt und vernichtet? Sollen wir ihm jetzt einen „Frieden“ abkaufen, von dem wir alle wissen, dass er ihn beim ersten Windstoß wieder zerreißt?

Oder ist nicht endlich die Stunde gekommen, dass wir in Europa unsere Mittel zusammenlegen – und zwar diesmal wirklich zusammenlegen, nicht nur in Worten – und der Ukraine endlich alles geben, was wir haben: Taurus, Jets, Munition, Geld. Damit Putin keine Verhandlungsmaske mehr braucht, sondern gezwungen wird, seine Truppen abzuziehen.

Alles andere ist Selbstbetrug. Und Trump ist nur die billige Nebelmaschine dafür

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