„Warum plötzlich alle doppelt zahlen"
(Eine kleine Sendung mit der Maus, allerdings ohne Maus und für Erwachsene)
Meine Freundin hat mir diesen Brief geschickt.
Sie wohnt in einer Mietwohnung, heizt mit Gas und zahlt ihre Rechnungen pünktlich.
Heute hat sie Post bekommen – von ihrer Wohnungsbaugesellschaft.
In dem Brief steht:
Ab Januar kostet ihr Gas 115 Prozent mehr.
Also mehr als doppelt so viel wie bisher.
Sie schaut auf den Zettel, dann auf den Kalender.
Kein Scherz. Kein Zahlendreher.
Einfach bittere Realität.
Dann sagte sie ein Wort, das ich hier besser nicht wiederhole. 🤭
Viele denken jetzt:
„Ach, der blöde Putin!“
Oder:
„Das hat doch bestimmt der Habeck alles versaut!“
Aber so einfach ist das nicht.
🟢 1. Früher (also vor dem Krieg)
Deutschland bekam jahrzehntelang sein Gas aus Russland: lange Verträge, niedrige Preise, sichere Lieferungen.
So billig, dass wir dachten, das bleibt ewig so.
Dann kam Putin – erst war er irre nett, dann machte er irre Druck und startete einen Krieg.
Er drosselte auch unsere Gasliefermengen, erfand angeblich „defekte Turbinen“ und drehte Deutschland und ganz Europa Schritt für Schritt das Gas ab.
Monate später – da waren die Leitungen längst stillgelegt – folgten die Explosionen der Nord-Stream-Pipelines.
Aber da kauften wir längst unser Gas woanders.
Drei der vier Leitungen wurden gesprengt. Eine Leitung von Nord Stream 2 blieb zwar intakt – aber Deutschland will sie nicht nutzen.
Russland bietet bis heute an, darüber Gas zu liefern. Das hätte der Herr Putin gern, damit er sich von unserem Geld noch mehr Waffen bauen kann.
Damals hatte der Robert einen Job als Wirtschaftsminister.
Er musste plötzlich unser Gas von überall auf dem Weltmarkt einkaufen:
Also sprach er ganz viel mit Norwegen, mit den USA, einmal verbeugte er sich sogar vor den Scheichs in Katar – denn wir brauchten ganz viel LNG, also verflüssigtes Erdgas.
Gibt es auch Fotos von, und ganz viele haben hämisch darüber gelacht.
LNG war aber leider viel teurer als das Gas, das Putin uns abgedreht hatte.
Putin freute sich hämisch, dass wir im Winter alle erfrieren würden.
Wenn du nicht weißt, was „hämisch“ ist, überlege dir, wieso einer lacht, wenn andere erfrieren – dann weißt du es.
Aber wir mussten gar nicht erfrieren.
Die Ampel-Regierung sagte damals nämlich:
„Keine Sorge, wir haben ganz viel Gas gekauft und helfen euch beim Bezahlen – erst einmal.“
Dann gab es ganz viele neue Sachen: Preisbremsen, Steuererleichterungen, volle Speicher.
Die Katastrophe, über die sich Putin schon gefreut hatte, passierte gar nicht, weil Robert Habeck und sein Team sich irre ins Zeug gelegt und in Highspeed-Geschwindigkeit unsere jahrzehntelange Gasabhängigkeit von Russland ausgeglichen haben.
🟡 2. Dann kam das Verfassungsgericht
Dann kam der November 2023. Da knallte es – diesmal nicht in einer Pipeline im Wasser, sondern bei einem Gericht.
Genauer gesagt: beim Bundesverfassungsgericht. Das sitzt in Karlsruhe und hat in Streitfragen das letzte Wort.
Warum es knallte?
Weil der Friedrich Merz das so wollte.
Der Name kommt euch bekannt vor?
Genau, der Friedrich ist heute unser Bundeskanzler.
Damals saß der Friedrich in der Opposition.
Das heißt: Er regierte nicht, aber er konnte immer gucken, wo der Robert und die anderen von der Ampel Fehler machen.
Das ist eigentlich auch gut so.
Während der Robert gerade mit allen telefonierte und fragte:
„Schickt ihr uns ein bisschen Gas?“ –
und später mit dem Bundeskanzler Olaf zusammen beschloss:
„Hey, wir unterstützen die Bürger. Wir schaffen das!“ –
hat das den Friedrich nicht so sehr interessiert.
Er fand, dass die geplante Umschichtung von 60 Milliarden Euro Corona-Krediten blöd ist.
Also ging er vor Gericht.
Und die Richter gaben ihm sogar recht.
Der Bundeskanzler Olaf und der Finanzminister Christian hätten das so nicht machen dürfen.
Ende. Aus. Nikolaus.
Und so machte es laut Puff!
Und das große Energie- und Entlastungsbudget der Ampel war plötzlich weg – sozusagen in Luft aufgelöst.
Ganz wie das teure Gas.
Von da an hieß es in Berlin, wo der Olaf und der Robert und der Christian arbeiten:
Stopp! Wir können kein Geld mehr für neue Sachen ausgeben.
Neue Hilfen können wir gar nicht zahlen.
Alles, weil der Olaf und der Christian sich mit den Corona-Geldern verzockt hatten – was der Friedrich genau gesehen hatte und wofür das Verfassungsgericht ihm recht gab.
Der Robert wusste natürlich, dass die Gaspreise später wieder steigen würden.
Und das sagte er den Bürgern auch. Viele waren dann ganz wütend auf ihn.
Er wusste, dass 2025/26 alte Stadtwerksverträge auslaufen.
Aber er konnte nichts mehr unternehmen – weil das Corona-Geld schlicht blockiert war und einfach da rumlag.
🔴 3. Jetzt ist 2025 – und bald 2026
Die alten Billigverträge enden nun – wie der von meiner Freundin mit dem Brief.
Die neuen Tarife sind aber viel teurer.
Hinzu kommt:
Jetzt kostet die Mehrwertsteuer wieder 19 % statt 7 %.
Die Ampel hatte sie 2022 gesenkt, jetzt ist sie wieder oben.
Auch der CO₂-Preis steigt immer weiter – und die teuren Netzentgelte.
Das Ergebnis:
Meine Freundin muss nun 115 % mehr für ihr Gas bezahlen.
Ganz offiziell.
Ganz legal.
Ganz egal, ob jemand das zahlen kann.
⚫ 4. Und die neue Regierung unter Herrn Merz?
Die neue Regierung wusste, dass das so kommt.
Sie hat nun auch wieder Geld – unter anderem durch ein neues Sondervermögen von 500 Milliarden Euro.
Das wurde im Bundestag beschlossen – mit den Stimmen fast aller Parteien, auch der Grünen, die der Friedrich vorher so ausgeschimpft hat.
Die neue Regierung könnte jetzt was ändern, damit meine Freundin nicht so viel zahlen muss.
Im Juni 2025 hat sie tatsächlich auch was beschlossen:
• Die Gasspeicherumlage wird ab 2026 abgeschafft.
• Die Stromsteuer wird gesenkt (aber nur für Industrie, Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft – nicht für meine Freundin).
• Die Netzentgelte werden teilweise übernommen.
Klingt gut, oder?
Aber: Die Abschaffung der Gasspeicherumlage bringt einem Singlehaushalt mit 5.000 kWh ganze 18 Euro im Jahr.
Einem Durchschnittshaushalt mit 12.000 kWh: 43 Euro im Jahr.
Einer Familie mit 20.000 kWh: 71 Euro im Jahr.
Meine Freundin zahlt aber 115 Prozent mehr.
Das sind bei durchschnittlich 12.000 kWh etwa 1.500 Euro mehr im Jahr.
Die 43 Euro „Entlastung“? Ein Tropfen auf den heißen Stein.
Und die versprochene Stromsteuersenkung für private Haushalte?
Die wurde kassiert. Begründung: Die Kassen seien knapp, andere Wahlversprechen hätten Priorität.
Da fragst du dich sicher: Wusste die Union vor der Wahl etwa nicht, wie es um die Staatsfinanzen bestellt ist, bevor sie große Versprechen machte?
Darauf antwortet sie nicht und sagt stattdessen:
„Schuldenbremse.“
Und: „Die Ampel war schuld.“
Nur: Die Ampel ist weg.
Die Bürger sind noch da.
Und sie zahlen jetzt die Rechnung – wie meine Freundin.
Nicht einmal die Mehrwertsteuer auf Gas geht runter.
Dafür die bei McDonald’s.
Die freuen sich darüber sehr. 🍟
🟣 4a. Kleiner Exkurs: Der Friedrich und die Wärmepumpen-Heuchelei
Jetzt könntest du sagen:
„Aber der Friedrich hat doch gesagt, hohe Gaspreise sind gut, weil die Leute dann auf Wärmepumpen umsteigen!“
Stimmt. Hat er gesagt.
Zitat aus dem Mai 2025:
„Die Menschen müssen irgendwann erkennen, dass es sich nicht mehr lohnt, die alte Öl- oder Gasheizung zu betreiben.“
Aha, klingt nach Umerziehung durch Geldnot.
Nur blöd:
1️⃣ Der gleiche Friedrich hat 2023 gegen Habecks Heizungsgesetz gehetzt.
Damals hieß es überall: „Heiz-Hammer!“, „Wärmepumpen-Zwang!“, „Heizungsverbot!“.
Die CDU startete sogar eine Unterschriftenkampagne gegen Wärmepumpen.
2️⃣ Im Juni 2024 – plötzliche Kehrtwende!
Bei der Eröffnung eines Wärmepumpen-Schulungszentrums sagte der Friedrich plötzlich:
„Eigentlich hätte 2023 eine viel höhere Zahl von Wärmepumpen eingebaut werden müssen.“
Und: „Die Union steht voll hinter der Wärmewende.“
3️⃣ Als Kanzler lässt er Habecks Heizungsgesetz einfach weiterlaufen.
Keine Änderung, keine Reform.
Als der Robert das so gemacht hatte, war es doof, jetzt ist es super.
Erst hat Friedrichs Partei gegen Wärmepumpen gehetzt,
dann hat der Friedrich hohe Gaspreise als „Anreiz“ zum Wärmepumpenkauf gelobt –
und jetzt lässt er die Leute wie meine Freundin mit den Kosten allein.
Wer sich keine Wärmepumpe leisten kann? Pech gehabt. Zahlt halt doppelt.
Wer zur Miete wohnt und gar nicht selbst entscheiden kann? Pech gehabt. Zahlt halt doppelt.
Das nennt man dann „marktwirtschaftliche Anreize“.
Oder auf Deutsch: Zynismus.
Wenn du nicht weißt, was Zynismus ist, lies noch mal, wie der Friedrich das gemacht hat – die Wärmepumpen ganz schlimm zu finden und sie jetzt ganz toll zu finden – dann weißt du es.
🟣 5. Die versteckte Rechnung: Wohngeld und Bürgergeld
Viele Menschen können die neuen Gaspreise schlicht nicht zahlen.
Also stellen sie Anträge: auf Wohngeld, auf Bürgergeld, auf Heizkostenzuschuss.
Das bedeutet: Der Staat zahlt dann doch –
nur eben nicht über Preisbremsen für alle,
sondern über Sozialleistungen für einzelne.
Das Problem:
1️⃣ Wohngeld deckt die Kosten oft nicht vollständig.
Es gibt zwar eine „Heizkostenkomponente“ im Wohngeld.
Seit 2023 beträgt sie monatlich zwischen 96 Euro (für eine Person) und 196 Euro (für fünf Personen).
Aber das ist pauschal – egal, ob die echten Heizkosten 100 oder 300 Euro sind.
Die Menschen bleiben also auf einem Teil der Rechnung sitzen.
Sie sparen am Heizen, frieren im Winter – oder verschulden sich.
2️⃣ Bürgergeld übernimmt „angemessene“ Heizkosten.
Aber was „angemessen“ ist, bestimmt das Jobcenter.
Für einen Singlehaushalt mit 50 Quadratmetern sind das etwa 133 Euro im Monat bei Gas.
Steigen die Preise um 115 Prozent, reichen die 133 Euro aber plötzlich nicht mehr.
Das Jobcenter kann dann ein „Kostensenkungsverfahren“ einleiten:
Weniger heizen, Anbieter wechseln – oder im Extremfall umziehen.
3️⃣ Bürokratie.
Die Mühlen mahlen langsam.
Anträge dauern Monate.
Bis das Geld kommt, sind die Schulden längst da.
Viele schrecken vor dem Papierkram zurück und bleiben auf den Kosten sitzen.
Am Ende zahlt der Staat trotzdem Milliarden –
nur eben hintenrum, ineffizient und zu spät.
Und dann sagt der Friedrich und seine Freunde:
„Unsere Sozialausgaben sind zu hoch. Wir müssen hier einsparen – Milliardenbeträge!“
Eine Gaspreisbremse für alle wäre eigentlich billiger gewesen, transparenter –
und hätte niemandem das Gefühl gegeben, betteln zu müssen.
Aber die gibt’s ja nicht mehr.
🟢 6. Fazit
Die 115 Prozent im Brief meiner Freundin sind keine Überraschung, auch wenn sie jetzt schockiert ist.
Sie sind die verspätete Wahrheit einer Energiekrise, die juristisch eingefroren und politisch verschoben wurde.
Unsere Regierung hat sie nicht verhindert, sondern nur vertagt.
Die Ampel hat damals geholfen, so gut es ging –
bis das Verfassungsgericht den Geldhahn zudrehte.
Die neue Regierung hat jetzt wieder Geld –
ein 500-Milliarden-Sondervermögen, beschlossen mit den Stimmen aller Parteien.
Aber sie lässt die Preisexplosion auf die Bürger knallen –
mit Ansage, mit Symbolmaßnahmen, und mit dem Hinweis auf die Schuldenbremse.
Und deshalb hat meine Freundin am Telefon Sachen gesagt,
die ich hier besser nicht wiederhole. 🤭
Ende der Geschichte.
P.S. Was hätte man tun können?
• Die Mehrwertsteuer auf Gas wieder von 19 % auf 7 % senken (wie die Ampel es 2022 gemacht hatte)
• Eine befristete Gaspreisbremse für Privathaushalte einführen
• Den CO₂-Preis temporär aussetzen oder senken
• Wohngeld und Heizkostenzuschüsse massiv erhöhen – unbürokratisch
• Die Stromsteuer auch für Privathaushalte senken (nicht nur für die Industrie)
Alles finanzierbar aus dem 500-Milliarden-Topf.
Aber politisch offenbar nicht gewollt.
Die Bürger sollen „marktwirtschaftlich“ umerzogen werden,
wie Merz selbst sagte:
Hohe Gaspreise als Anreiz zum Umstieg auf Wärmepumpen.
Nur blöd, wenn man sich die Wärmepumpe nicht leisten kann.
Oder die Wohnung zur Miete ist.
Oder man einfach nur überleben will – ohne zu frieren.
Dann zahlt man eben doppelt.
Und hält die Klappe.
Oder wählt beim nächsten Mal anders.
P.P.S.
🟤 Frage: „Warum kaufen wir nicht einfach wieder bei Putin Gas?“
Die ganz Schlauen sagen jetzt:
„Ist mir doch egal, was in der Ukraine passiert – Hauptsache, mein Gas ist billig.“
Drei Probleme:
1️⃣ Putin hat das Gas schon vor dem Krieg als Waffe benutzt.
Er drosselte Lieferungen, um Druck auf Europa auszuüben.
Wer glaubt, er würde uns jetzt wieder zuverlässig beliefern, glaubt auch an den Weihnachtsmann.
2️⃣ Drei Pipelines sind kaputt.
Ein Neubau würde Jahre dauern und Milliarden kosten.
Die eine intakte Leitung von Nord Stream 2?
Technisch möglich, politisch unmöglich –
und wer garantiert, dass Putin sie nicht wieder als Druckmittel nutzt?
3️⃣ Moralisch ist das nicht „egal“.
Wir würden einen Angriffskrieg mitfinanzieren, bei dem Hunderttausende sterben.
Und wir würden zeigen: Erpressung lohnt sich.
Da Putin uns schon mit anderen Mitteln angreift, sollten wir schon deswegen nicht so nett zu ihm sein.
Billig wird’s so oder so nicht mehr.
Aber wenigstens nicht auf Kosten der Ukrainer.
🔵 Letzte Frage: „Aber die Atomkraftwerke!“
So mancher denkt jetzt:
„Wenn wir die letzten drei AKWs nicht abgeschaltet hätten, wäre das jetzt alles gar nicht so schlimm geworden!“
Nur: Das stimmt nicht.
Die AKWs produzierten Strom, kein Gas.
Gas brauchen wir aber zum Heizen – in Millionen Wohnungen.
Mit Strom aus AKWs kannst du keine Gasheizung betreiben.
Außerdem: Die drei AKWs deckten 2022 nur noch etwa zwei Prozent des deutschen Strombedarfs.
Sie hätten den Gaspreis nicht nennenswert gesenkt,
weil Gas und Strom unterschiedliche Märkte sind.
Und: Die Abschaltung der AKWs war seit 2011 gesetzlich geregelt,
beschlossen unter Schwarz-Gelb nach Fukushima.
Das liegt in Japan – da gab es ein schlimmes Erdbeben.
Wer jetzt sagt: „Die AKWs hätten uns gerettet“,
verwechselt Strom mit Heizung
und Symbolpolitik mit Realität –
und hat diesen Text nicht gelesen!